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Frauenbilder von 1911 bis heute

Frauenpolitik

Ausstellung im BÜZ öffnet Blick für Lebensumstände und Biografien verschiedener Zeiten

Minden (mt). Eine Biografie, wie sie Martha Müller erzählen kann, hat Seltenheitswert: Zehn Kinder hat sie in einer winzigen Wohnung in Meißen großgezogen, mehr oder weniger allein. Das Geld war immer knapp. Ja, es seien "wirklich harte Zeiten" gewesen, erinnert sich die 81-Jährige.

Als junge Mutter mit so einer großen Rasselbande zu Hause hatte sie natürlich andere Sorgen, als sich um irgendwelche Frauenbelange zu kümmern. Heute kann sie sich die Zeit nehmen. Gestern gab es anlässlich der Eröffnung der Ausstellung "Frauenbilder aus zehn Dekaden" im BÜZ sogar ein Glas Sekt zum Frauentag. Denn auf ihre alten Tage ist Martha Müller Fotomodell geworden: Ihr Porträt schmückt einen der zehn Bilderrahmen, die dort bis Ende März zu sehen sind. In jedem Rahmen gibt es, nach Stichworten geordnet, einen Text zu dem jeweiligen Jahrzehnt zu lesen, außerdem ein kurzes Zitat der jeweiligen Frau aus Minden, die stellvertretend ihre Generation vertritt. Martha Müller steht für das Thema Lebensmittelpreise (1921 bis 1931). Als Mutter von zehn Kindern hat sie da einige Erfahrung. "29 D-Mark pro Woche hatten wir zum Leben", erinnert sie sich. Kindergeld gab es gar nicht. So mussten sich ihre Kinder von einem gewissen Alter an gegenseitig erziehen: "Alle hatten ihr Amt", sagt sie und meint damit: Funktioniert hat die ganze Sache nur, weil ausnahmslos jeder mit anpackte. Nur ihre jüngsten beiden Kinder haben den Kindergarten besucht, alle anderen wurden zu Hause groß. Ein Lebensmodell, wie es für die Frauen heutzutage unmöglich scheint.

Besucher der Ausstellung bekommen einen Eindruck davon, welche Frage die Frauen in dem jeweiligen Jahrzehnt beschäftigt hat. Der Bogen reicht in Zehn-Jahres-Schritten von Frauenwahlrecht (1911 bis 1921) über die Themen Lebensmittelpreise, Überleben, Wiederaufbau, Selbstbestimmung, Pillenknick, Existenzsicherung, Frauenarmut und Chancengleichheit bis hin zu Lohngleichheit (2001 bis 2011). Konzipiert wurde die Ausstellung "Frauenbilder aus zehn Dekaden" von Melanie Ochsenfahrt, die als Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen in Minden Nähe zum Thema hatte. Bei der Suche nach Frauen, die bereit waren, etwas über ihre jeweilige Zeit zu erzählen und sich auch noch ablichten zu lassen, half ihr ein großer Bekanntenkreis. Melanie Ochsenfahrt: "Gezeigt werden sollten ganz normale Frauen, die weder in der Politik tätig sind oder sonst im öffentlichen Leben in Erscheinung treten."

Gewinnt Feminismus wieder an Boden?

Auf Martha Müller stieß sie im Treffpunkt Johanniskirchhof. Nachdem eine andere Kandidatin abgesprungen war, hat sie die 81-Jährige ziemlich spontan für das Projekt gewinnen können. Das war eher die Ausnahme, denn insgesamt seien die jüngeren Frauen zugänglicher für die Idee gewesen als die älteren, erzählt die Organisatorin. Vielleicht sei das ein Zeichen dafür, "dass der Feminismus wieder an Boden gewinnt".

Eröffnet wurde die Ausstellung gestern von der Landtagsabgeordneten Inge Howe. Sie erinnerte die anwesenden Gäste (ausnahmslos weiblich), dass noch bis 1976 die Ehemänner darüber entscheiden konnten, ob die Frau berufstätig werden durfte oder nicht. Heute seien solche Probleme zwar aus der Welt, aber dennoch müssten Frauen damit zurechtkommen, durchschnittlich 23 Prozent weniger Lohn für ihre Arbeit zu bekommen als Männer. Auch die "gläserne Decke zur Chefetage" sei nach wie vor schwer zu durchstoßen. Gleiche Chancen für Frauen sei ein Thema, dass nicht nur die Politik weiter beschäftigen werde: "Wir bleiben dran!"

MT-online vom 08.03.2011

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Fotos von der Ausstellung im BÜZ/Minden